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Unternehmensgeschichte der Mudflap Aviation:


Mein Berufseinstieg als Restaurateurin von Oldtimer-Flugzeugen war reiner Zufall - oder vielleicht eine Fügung des Schicksals? Eine meiner Freundinnen in Denton in Texas nahm mich 1976 mit zu einem etwas sonderbaren Bekannten, einem Cembalo- und Lautenbauer. Sie wusste, dass ich Laute spiele (Hochschulabschluss klassische Gitarre), mein Mann Cembalo (unter anderem) und dass Alte Musik mich interessiert. Da ich in Texas neu war, freute ich mich darauf, mehr von diesem Bundesstaat zu sehen, jedoch war ich keineswegs auf den Kulturschock vorbereitet, der mich in einem winzigen Nest namens Ponder, etwa 24 Kilometer westlich von Denton, erwarten sollte. Es erweckte den Eindruck, dass dort die Zeit etwa während der Großen Depression stehen geblieben war. Altmodische Gebäude und Wohnhäuser, kaum Bäume, alles lag still und verlassen da. Ein abgeschiedener Bahnhof an der Bahnlinie. Wir fuhren um eine Kurve durchs „Zentrum” und parkten einfach irgendwo, Hauptsache nicht mittendrin. Vor der Tür eines besonders vernachlässigten Hauses (wahrscheinlich ein ehemaliges Geschäft) sah ich ein Schild, auf dem stand: „Wenn Sie nichts zu tun haben, tun Sie es woanders. Verschwenden Sie anderer Leute Zeit. Besuchszeiten: 12 bis 13 Uhr. Mittagessen. Sie zahlen.” Sehr einladend, nicht wahr? Meine Freundin ignorierte diese Warnung jedoch und klopfte an. Ihr Bekannter stand im Raum und sah beunruhigt aus. Er konnte sich nicht an meine Freundin erinnern und als sie erwähnte, dass ich Laute spiele, sagte er: „Ich habe noch nie eine Frau getroffen, die gut Laute spielt.” Sehr freundlich, gelinde gesagt.

 

Es stellte sich heraus, dass er in dieser Woche eine Jamsession mit einigen seiner Musikerfreunde, die Gitarre spielten, geplant hatte. Also lud er mich zum Mitspielen ein. Er ließ uns auch einen Blick in seine Werkstatt werfen, wo die Cembalos standen, die er baute. Hier wurde die Sache nur noch seltsamer. Die Cembalos standen ganz hinten in dieser Werkstatt, die einst ein Geschäft gewesen war. Um an sie heranzukommen, musste man an einigen Oldtimer-Flugzeugteilen vorbeilaufen: herumliegende Tragflächen, Tragflächen, die von der Decke hingen, herumstehende Rumpfwerke, Rumpfwerke, die von der Decke hingen, Werkzeug, das überall verstreut war, Maschinen, Geräte, Motoren, Querruder, usw. Falls ich jemals geglaubt hatte, Galaxien gesehen zu haben, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat, jetzt war ich mir ganz sicher. Für mich als Stadtkind aus Cleveland in Ohio, dem es schon schwer fiel zu verstehen, dass die Milch von der Kuh kommt und nicht aus der Milchfabrik und dass es immer noch Oldtimer-Flugzeuge gibt, war diese Werkstatt einfach umwerfend! Ich war absolut überwältigt! Obwohl die Luftfahrt mir eigentlich nicht fremd war, schließlich war mein Vater Raumfahrtingenieur bei der NASA. Er war Forscher und testete Düsen- und Raketenantriebe. Genau - mein Vater war ein echter Raketenwissenschaftler.

 

Um es kurz zu machen, ich spielte dieser Musikgruppe also etwas mit meiner Laute vor. Die meisten waren Country/Western-Musiker und sagten, ich wäre gut. Sie mögen zwar nicht qualifiziert sein, Renaissancemusik zu bewerten, und waren auch nicht unbedingt in nüchternem Zustand, aber es war trotzdem schön, gelobt zu werden. Wenig später, nach einigen weiteren Besuchen und dem berühmten Wink mit dem Zaunpfahl, stellte mich der sonderbare Bekannte meiner Freundin als Auszubildende ein. Dort arbeitete ich dann drei Jahre.

 

Die erste Aufgabe, die er mir gab, werde ich nie vergessen. In dem ehemaligen, vernachlässigten Geschäft nebenan, was mein Chef ebenfalls als Werkstatt/Lager angemietet hatte, stand ein alter Flugzeugrumpf, ein skelett-ähnliches Gebilde aus den 20er Jahren oder so. Er gab mir eine Werkzeugkiste und beauftragte mich damit, alles auseinander zu nehmen, was nur irgend ging. Jede einzelne Schraube und Mutter, jedes Kabel, jeder Sicherungsstift (was ist denn das?), jede Kronenmutter (und das?), einfach alles musste auseinander. Nach einigen Stunden waren meine Hände schmutzig, taten weh und bluteten. Auf der Haut an meinen Armen und Beinen, in meinem Gesicht und auf meinen Kleidern waren überall Flecken, aber wissen Sie was - ich liebte meinen Job auf Anhieb. Ich war schlichtweg begeistert. Ich konnte zwar kaum einen Schraubenzieher von einem Schraubenschlüssel unterscheiden, aber so viel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr gehabt. Von dem Tag an war ich Feuer und Flamme.

 

Nach drei Jahren Ausbildung bei diesem sonderbaren Mann, der mir beibrachte Flugzeuge zu bespannen und Tragflächen zu bauen, fing ich an, für andere Auftraggeber an Oltimer-Flugzeugen in und um Dallas zu arbeiten. Nach weiteren 18 Monaten meldete ich mich zur Prüfung für die Zulassung für Flugzeugreparaturen an (Airframe License) und bestand sie. Der Prüfer für die praktische Prüfung hatte zufällig ein Seitenruder, das für seine Piper bespannt werden musste. Das war dann also meine Prüfung.

 

In den 12 Jahren nach meiner Ausbildung knotete ich wahrscheinlich Hunderte und Tausende von Stichen, fuhr viele Kilometer weit und traf viele nette, interessante oder auch eigenartige Menschen. Eigentlich sollte ich über die interessantesten Aufträge eine Geschichte schreiben und die Geschichten weitergeben, die mir erzählt wurden. Letztere sind entweder wahr oder frei erfunden, aber in der Welt der Fliegerei sollte eine gute Geschichte einfach trotzdem erzählt und angehört werden.

 

Dann setzte unser Umzug nach Deutschland Mudflap-Aviation ein Ende. Und jetzt, da meine Kinder älter und (hoffentlich) vernünftiger werden, machen sich die Entzugserscheinungen immer mehr bemerkbar.


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